Beispielhafte Darstellung temperaturgeführter Supply Chains. Parallel eingeteilt in durchgängige Temperaturklassen.

Drei unabhängige Wege zur Schätzung des Schweizer Querschnittsmarktes für temperaturgeführte Logistik.

Vorgehensweise bei der nachfrageseitigen Annäherung zum Schweizer Querschnittsmarkt für temperaturgeführte Logistik.

Derzeitige Nutzung verschiedener Temperaturklassen nach Branchen.

Potenzial für Rentabilitätssteigerungen durch automatisierte Intralogistiklösungen in der innerbetrieblichen temperaturgeführten Logistik gemäss Verladern (Selbsteinschätzung).

Schweizer Querschnittsmarkt für temperaturgeführte Logistik

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Ob tiefgekühlt, gekühlt oder gewärmt – der Anteil an temperaturgeführt gelagerten und transportierten Gütern nimmt stetig zu. Gründe für diese Entwicklungen sind unter anderem striktere Gesetzesvorschriften und ein verändertes Konsumentenverhalten.

So steigt die Nachfrage nach Frische- und Convenience-Produkten ungebrochen an. Auch im Bereich der Tiefkühllogistik scheinen die Zeichen auf Wachstum zu stehen. In Deutschland wird beispielsweise für das Jahr 2015 mit einer mengenmässigen Absatzsteigerung bei Tiefkühlprodukten um 2 Prozent gerechnet. Grund hierfür sind unter anderem erfolgreiche Sortimentserweiterungen bei den Handelsmarken, welche auf aktuelle Verbrauchertrends (z. B. vegetarische Tiefkühlkost) eingehen.

Im Folgenden wird erstmalig im Rahmen der GS1 Logistikmarktstudie Schweiz der eidgenössische Querschnittsmarkt für temperaturgeführte Logistik umfassend charakterisiert und quantifiziert. Es werden Hintergrundinformationen zu den Besonderheiten von temperaturgeführten Supply Chains gegeben und das Volumen des Querschnittsmarktes für Tiefkühl-, Kühl- und Wärmelogistik wird ermittelt.

Ferner werden der Anteil der temperaturgeführten Logistikkosten an den Logistikgesamtkosten sowie die Nutzung verschiedener Temperaturklassen für ausgewählte Branchencluster untersucht.

Besonderheiten von temperaturgeführten Supply Chains
Zum Hintergrundwissen der temperaturgeführten Logistik gehören folgende Bereiche:

  • Die temperaturgeführte Logistik orientiert sich am logistischen Leistungsbegriff und umfasst den Transport, den Umschlag und die Lagerung von aktiv oder passiv tiefgekühlten, gekühlten und gewärmten Gütern.
  • Neben den klassischen Transport-, Umschlags- und Lagerleistungen werden zudem weitere relevante Dienstleistungskomponenten in Bezug auf temperaturgeführte Güter berücksichtigt (sogenannte Value-added Services), die mit der Logistik in Verbindung gebracht werden können. Ein Beispiel für solche Value-added Services ist die kundenspezifische Kommissionierung und Verpackung von tiefgekühlten Gütern.
  • Je nach Temperaturklasse lässt sich bei der temperaturgeführten Logistik zwischen Tiefkühl-, Kühl- und Wärmelogistik unterscheiden. Aufgrund branchenspezifischer Unterschiede bei den relevanten Temperaturbändern ist es nicht möglich, generell gültige und überschneidungsfreie Temperaturklassen herauszustellen. Im Rahmen der Logistikmarktstudie werden folgende Temperaturklassen berücksichtigt:
    − Tiefkühllogistik: Unter 0°C, meistens unter – 18°C: z. B. Tiefkühlkost, Flüssiggas
    − Kühllogistik: 0 bis 6 bzw. 8°C: z. B. Fleisch, Fisch. 6 bis 12°C: z. B. frisches Beerenobst, Blumenzwiebeln
    − (eher) Wärmelogistik: 12 bis 18°C bzw. 25°C: z. B. Kaffee, Schokolade. Über 25°C: z. B. warmes Essen (Catering)


Die Besonderheiten von temperaturgeführten Supply Chains sind:

  • Die Anforderungen, welche an die temperaturgeführte Logistik gestellt werden, sind hoch. Die vermutlich grösste Herausforderung und zugleich wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen temperaturgeführten und nicht temperaturgeführten Supply Chains ist die Erfordernis einer durchgängigen Temperaturführung.
  • Aufgrund des Erfordernisses einer lückenlosen Temperaturführung verfügen vor allem Akteure im Niedrigtemperaturbereich oft über spezifische Supply Chains, die als eigene geschlossene Systeme entkoppelt von anderen Geschäftsfeldern sind.
  • Der Bedarf zur Temperaturführung entsteht oft bereits beim Zeitpunkt der Ernte beziehungsweise der Rohstoff-gewinnung. So wird beispielsweise in der Milchindustrie die frische Milch unmittelbar beim Bauern in gekühlte Tankwagen gepumpt, um ein frühzeitiges Verderben der Ware zu verhindern.
  • Zudem sind in temperaturgeführten Supply Chains spezielle Infrastrukturen gefordert, um den Erfordernissen von tiefgekühlten, gekühlten oder gewärmten Gütern nachzukommen. So sind beispielsweise temperierte Transporteinheiten, Lager und Verkaufsflächen erforderlich, ebenso wie eine temperierte Produktionsumgebung.
  • Besonders kritisch sind in temperaturgeführten Supply Chains die Übergänge von Umschlagsflächen, Transport und Warenübergabe. Hier ist eine lückenlose Überwachung der Temperaturen unablässig, beispielsweise mithilfe von Temperatursensoren.


Methodik und Begrifflichkeiten
Nachfolgend die Abschätzung des Querschnittsmarktes für temperaturgeführte Logistik:

  • Die Abschätzung des wertmässigen Volumens des Querschnittsmarktes für temperaturgeführte Logistik (Tiefkühl-, Kühl- und Wärmelogistik) erfolgt in der Logistikmarktstudie Schweiz über drei unabhängige Wege, um so die «Robustheit» des Ergebnisses zu gewährleisten:
    − Weg A: Die nachfrageseitige Annäherung über den Anteil der Temperaturführung an den einzelnen Branchenumsätzen liefert für das Basisjahr 2014 ein Marktvolumen von 4,9 Mrd. Franken.
    − Weg B: Die Annäherung über die Logistikteilmärkte liefert eine Schätzung von rund 5,6 Mrd. Franken für das Jahr 2014.
    − Weg C: Gemäss der angebotsseitigen Annäherung über die Fahrzeug- und Gütertransportstatistik beläuft sich das wertbezogene Marktvolumen für das Jahr 2014 auf knapp 4,7 Mrd. Franken.
  • Insgesamt hat der Schweizer Querschnittsmarkt für temperaturgeführte Logistik ein Marktvolumen von rund 5,1 Mrd. Franken. Dies entspricht einem Anteil von rund 13 Prozent% des Logistikgesamtmarktes.


Methodik und Begrifflichkeiten zum Querschnittsmarkt für temperaturgeführte Logistik im Kurzüberblick:

  • Als «wertbezogenes Marktvolumen» wird die Gesamtheit aller wertschöpfenden Tätigkeiten im Bereich der temperaturgeführten Logistik verstanden.
  • Der Querschnittsmarkt umfasst folgende Leistungsbereiche:
    − alle Transport-, Umschlags- und Lagerleistungen (TUL-Logistik),
    − alle direkt mit der TUL-Logistik verbundenen Value-added Services (Sonstiges) und
    − die mit Logistikleistungen verbundenen Planungs-, Steuerungs- und allgemeinen Verwaltungsleistungen im Bereich der temperaturgeführten Logistik.
  • Neben Binnenverkehren werden auch Export-, Import- und Transitverkehre (inklusive alpenquerender Güterverkehr) bei der Vermessung des Querschnittsmarktes für temperaturgeführte Logistik berücksichtigt.


Anteil der Teilmärkte am Querschnittsmarkt für temperaturgeführte Logistik und Nutzung verschiedener Temperaturklassen in einzelnen Logistikteilmärkten:

  • Die temperaturgeführte Logistik in der Schweiz hat ein Marktvolumen von rund 5,1 Mrd. Franken. Mit einem wertmässigen Anteil von rund 48 % (2,7 Mrd. CHF) an diesem Querschnittsmarkt weist die Stückgutlogistik das grösste temperaturgeführte Aufkommen auf. Hierzu zählen u. a. individuell etikettierte Stapelgüter, wie z. B. Milchprodukte, Pflanzen und Fette.
  • Die temperaturgeführte Komplettladungslogistik beläuft sich auf ein Volumen von knapp 1,5 Mrd. Franken (30,4 % vom Querschnittsmarkt). Die mit 34 % am stärksten genutzte Temperaturklasse in der Komplettladungslogistik ist die von 12 bis 18 bzw. 25°C.
  • Der Anteil der temperaturgeführten Logistik am Teilmarkt der Tank- und Silodienste beläuft sich auf etwa 8,8 % (0,4 Mrd. CHF). Die Tiefkühllogistik macht rund 18 % dieses Volumens aus und umfasst u. a. TULS-Aktivitäten im Bereich der Flüssiggase. In der Frischelogistik sind vor allem logistische Leistungen bei flüssigen chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen, flüssigen Mineralölerzeugnissen sowie Milch von Relevanz. Im Jahr 2014 wurden in der Schweiz rund 3,5 Mio. Tonnen Milch verarbeitet, was ein Wachstum zum Vorjahr von 3,3 % bedeutet. Knapp 43 % der Milch flossen in die Käseherstellung.


Automatisierte Regalbediengeräte
Eine Möglichkeit, um die steigenden Volumina in der temperaturgeführten Logistik zu beherrschen und die Prozesssicherheit zu gewährleisten, ist der Einsatz von automatisierten Intralogistiklösungen. Ein Beispiel für solche Lösungen sind automatisierte Regalbediengeräte, die in der Regel in Hochregallagern genutzt werden. Eine weitere Option wären fahrerlose Transportfahrzeuge, die der flurgebundenen Güterbeförderung im Unternehmen dienen. Im Folgenden werden anhand einer Befragung aus dem Jahr 2015 Treiber und Hürden für Investitionen in automatisierte Intralogistiklösungen in der temperaturgeführten Logistik (Tiefkühl-, Kühl- und Wärmelogistik) untersucht.

Potenziale für den Einsatz von automatisierten Intralogistiklösungen in der temperaturgeführten Logistik:

  • Besonders in Tiefkühllagern scheint ein grosses Potenzial für Rentabilitätssteigerungen durch Automatisierungen zu bestehen. Allein schon aufgrund der extremen Arbeitsbedingungen in der Kälte bietet sich hier der Einsatz von automatisierten Intralogistiklösungen an.
  • Auch in der Kommissionierung von temperaturgeführten Gütern erwarten die befragten Logistikdienstleister einen Mehrwert durch die Nutzung solcher Technologien, vor allem in höheren Temperaturbereichen (über 12°C). Dies lässt sich damit begründen, dass die schnelle Verarbeitung und Bündelung von Auslieferungen zunehmend an Relevanz gewinnt. So werden temperaturgeführte Lagerhäuser immer mehr zu Distributionszentren, da der Warenumschlag steigt, während die Lagerdauer sinkt.
  • Hinzu kommt, dass das Picking aus dem Lager und das Zusammenstellen der Ware meist relativ arbeitsintensive Tätigkeiten sind. Folglich birgt eine Automatisierung in diesen Bereichen ein besonders grosses Potenzial für Rentabilitätssteigerungen, zum Beispiel durch die Einsparung von personellen Ressourcen.


Potenzielle Hindernisse
Hürden für den Einsatz von automatisierten Intralogistiklösungen in der temperaturgeführten Logistik:

  • Hindernisse für den Einsatz von automatisierten Intralogistiklösungen in der innerbetrieblichen temperaturgeführten Logistik sehen die Verlader und Logistikdienstleister vor allem in einer ungleichmässigen Auslastung der Anlagen. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass die manuelle Intralogistik bei Nachfrageschwankungen als flexibler gilt, da Personal (z. B. Hilfsarbeiter) schneller abgebaut oder erweitert werden kann.
  • Auch hohe Investitions-, Wartungs- und Instandhaltungskosten hemmen Investitionen in automatisierte Intralogistiklösungen in temperaturgeführten Supply Chains. Da der Einsatz von Automatisierungstechnik mitunter eine Neugestaltung oder den Neubau von Gebäuden erfordern kann, ist nur bei einer hohen Auslastung ein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis gegeben.
  • Es zeichnet sich ab, dass die vornehmlich in der Tiefkühllogistik tätigen Dienstleister die vorgeschlagenen Hinderungsgründe für einen Einsatz von automatisierten Intralogistiklösungen als weniger relevant empfinden.
  • Im Tiefkühlbereich lassen sich gewisse Skaleneffekte aus einer Automatisierung schneller realisieren als in anderen Temperaturklassen, da aufgrund höherer Kosten ein grösserer Durchsatz erforderlich ist und Automatisierungslösungen hier als probates Mittel für Effizienzsteigerungen gelten.

Quelle: Logistikmarktstudie Schweiz, GS1 Schweiz