Food-Angebote und digitale Innovationen stärken «To go»-Einkaufsverhalten

Publiziert

Die Schweizer Detailhändler investieren massiv in das wachstumsstarke und profitable Convenience-Segment.Der Gesamtumsatz lag 2018 bereits bei 4,5 Mrd. Franken. Gefragt sind Frische-Artikel und Zusatzservices wie mobile Bezahlsysteme.

Der Trend zur schnellen Verpflegung mittags und zwischendurch hält in der Schweiz an – während das traditionelle Food-Geschäft im Detailhandel stagniert, profitieren Convenience Stores wie «migrolino », «Coop to go» oder «avec» an hochfrequentierten Toplagen. Das kleinflächige Retailformat hat mittlerweile einen festen Platz in der Detailhandelslandschaft
und erwirtschaftete 2018 mit Snacks und einem verschlankten Sortiment an Waren des täglichen Bedarfs in der Schweiz ein Umsatzvolumen von 4,5 Mrd. Franken. Und das Geschäft mit dem kleinen Hunger wächst seit 2013 jährlich um 4%. Besonders die günstige Lage der Märkte in Bahnhöfen, Fussgängerzonen, Raststätten und Tankstellen überzeugt
eine grosse Mehrheit der Konsumenten (69 %) von häufigeren Zwischenstopps in den Ablegern der grossen Detailhändler und in eigens aufgesetzten Convenience- Konzepten.

Convenience mit Frische, Regionalität, Gesundheit
«Das Konzept der Convenience Stores trifft den Nerv der Zeit. Neben einer erheblichen
Verbesserung der Flächenproduktivität erreichen die neuen Vertriebslinien insbesondere eine junge, hochmobile Zielgruppe, die bereit ist, einen Preisaufschlag für Lage, Produktauswahl
und Frische zu bezahlen», erläutert Beatrix Morath, Managing Director in Zürich und Country Head Schweiz beim global tätigen Beratungsunternehmen AlixPartners. In der aktuellen «Convenience Store Study 2019» von AlixPartners (siehe Infobox) gaben 42 % an, sie frequentierten die Kleinmärkte wegen der attraktiven Warenauswahl. Dabei sind Frische-Artikel wie Sandwiches, Snacks und verzehrfertige Salate sowie Obst mit 38% die am häufigsten genannte und damit wichtigste Food-Produktkategorie, die die Befragten dort kaufen. Auch das kontinuierlich steigende Gesundheitsbewusstsein spiegelt sich im Convenience-Bereich wider: 89 % der Schweizer legen dort Wert auf eine Auswahl gesunder Lebensmittel.
Die Verfügbarkeit frischer, regionaler Lebensmittel finden immerhin 56 % wichtig. Weitere wichtige Erkenntnisse der Befragung: «Um in dem hart umkämpften Markt der Nahversorger für den schnellen und unkomplizierten Einkauf bestehen zu können, entwickeln die Detailhändler nicht nur immer neue Produkt- und Servicekategorien, sondern setzen konsequent auf innovative Technik und digitale Initiativen, die das Einkaufen bequemer und schneller machen, um damit die Frequenz kaufwilliger Kunden weiter zu erhöhen», erklärt die Detailhandelsexpertin Cornelia Brühwiler, Director bei AlixPartners in Zürich.

Schweizer Landschaft schon stark entwickelt
In der Schweiz ist der Convenience-Markt mit wenigen grossen Playern bereits weiter entwickelt als in den Nachbarstaaten. Und für die Einzelhandelskonglomerate sind, auch angesichts eines Verdrängungskampfes in einem zunehmend gesättigten  Detailhandelsmarkt, die Convenience Shops insbesondere in Ballungszentren ein substanzielles Zusatzgeschäft, das zudem mit über 18 000 Schweizer Franken pro Quadratmeter eine um 84% höhere Brutto-Flächenproduktivität als bei konventionellen
Supermarkt- und Nahversorgerkonzepten ermöglicht. Somit ist die Expansion
im Convenience-Segment ein strategisches Investment in eine attraktive Nische. «Die Detailhändler haben das margenstarke Umsatzpotenzial erkannt. Sie versuchen, mit ihren Verkaufskonzepten an hochfrequentierten Lagen sowie verlängerten Ladenöffnungszeiten noch näher an das Bedürfnis der Verbraucher nach Mobilitäts- und Zeitgewinn  heranzukommen und damit den umsatzträchtigen Trend zu Snack & Go zu bedienen»,
so Beatrix Morath. Dabei sei die strategische Ausrichtung des Produktportfolios und des Ladenkonzepts auf die Kategorie «Foodservice» erfolgskritisch. Schliesslich blieben Salate, Sandwiches, Wraps, Sushi, verzehrfertiges Obst und Gemüse sowie Backwaren die wachstumsstärksten Produktkategorien in diesem relativ neuen Marktsegment.

Junge Konsumenten auf der Suche nach Zusatzservices
Ein weiteres Ergebnis: Neben dem Snack für unterwegs könnten Convenience Stores bei ihren Kunden künftig auch mit attraktiven Zusatzservices punkten. 41% der Befragten würden häufiger in den Shop kommen, wenn es spezielle Kundenbindungsprogramme
gäbe. 36 % interessieren sich für Postdienstleistungen und würden beispielsweise gerne ihre Pakete in den Shops abholen. Zudem gilt: Je jünger die befragten Konsumenten sind,
desto stärker ist das Bedürfnis nach solchen Zusatzdienstleistungen. Angebote
wie die Medikamentenabholung jenseits der Apothekenöffnungszeiten und  Finanzdienst-leistungen wie Konsumentenkredite und Schnellüberweisungen kommen mit 29 % bzw. 17 % auf niedrigere, aber dennoch sehr relevante Werte.

Digitale Shopping-Technologie wird zum Erfolgsfaktor
Die Digitalisierung ermöglicht auch den traditionellen Convenience-Playern neue Geschäftspotenziale: Bereits 33 % der befragten Konsumenten wünschen sich Mobile Payment, also das Bezahlen mit Mobilgeräten, und 27 % würden zum Bezahlen
lieber einen Self-Check-out nutzen, statt sich an der Kasse anzustellen. Sehr
interessiert zeigen sich die Konsumenten auch an mobilen Kundenbindungsprogrammen
sowie Sparcoupons für das Smartphone. «Digitale Shopping-Technologien ist eines der grossen Zukunftsthemen für den Detailhandel – auch und gerade für Convenience Stores. Spätestens seit Gerüchten um den europäischen Marktstart von ‹AmazonGo› ist klar, wohin
sich der Detailhandel eher kurz- als mittelfristig technologisch und strukturell entwickeln wird», so Brühwiler. Sollte AmazonGo tatsächlich auch einmal in der Schweiz antreten, so drohen hiesigen Anbietern hohe Verluste an Marktanteilen: Laut der AlixPartners-Befragung würden 31% der Konsumenten weniger und 99% sogar signifikant weniger in konventionellen
Convenience Shops einkaufen, wenn ein AmazonGo-Outlet in der Nähe eröffnen würde.

«In den kommenden zwei bis drei Jahren entscheidet sich, wer im Schweizer
Markt den Convenience-Trend im Detailhandel am erfolgreichsten für sich nutzen
kann. Dabei spielen neben innovativen Verkaufs- und Foodkonzepten nicht nur möglichst flächendeckende Kooperationen mit Partnern sowie der Ausgang der neuen Ausschreibung der SBB-Bahnhofsverkaufsflächen eine entscheidende Rolle. Erfolgsentscheidend wird auch
sein, wer seine Logistikprozesse und IT-Systeme erfolgreich auf diese kleinteiligen Vertriebsformate ausrichten kann», so das Fazit von Beatrix Morath.

Box
AlixPartners Convenience Store Study 2019

Die «AlixPartners Convenience Store Study 2019» basiert auf der Online-Befragung eines schweizweiten Samples von 1000 Kunden über alle Regionen, demografischen Faktoren und Einkommenslevel hinweg.
www.alixpartners.com